Danke Ralf, für die Interessante Dokumentation des aktuellen Bauzustandes.
Es wird bestimmt ein architektonisches Meisterwerk.
Jetzt kommt viel Text, aber hoffentlich völlig unpolitisch.
Kopfbahnhof:
In der Anfangszeit der Eisenbahn waren die Bahnen privat.
Jede Linie endete in einem Kopfbahnhof vor den Toren der eingemauerten Stadt.
Mit der Gründung von Staatsbahnen (Württemberg hatte auch eine) wurden die Strecken besser vernetzt und zentrale Bahnhöfe gebaut.
Die Züge wurde von Dampfloks gezogen.
Die hatten eine sehr begrenzte Reichweite.
Schnell war die Kohle alle und der Heizer müde.
Dann musste die Lok ausgewechselt werden.
Eine Dampflok schaffte es dann gerade mal so von Stuttgart nach Frankfurt.
Der Kopfbahnhof war da nicht weiter schlimm, da hier sowieso die Lok getauscht werden musste.
Während des Halts wurden auch mal Postwagen angehängt oder Kurswagen umgestellt.
Damals fuhren nur wenige Züge pro Tag auf einer Linie.
Mit dem IC79 Konzept (jede Stunde jede Klasse) wurde es auf den Gleisen voller.
Es gab aber nur wenige feste Linien mit immer den gleichen Abläufen.
Ein Bahnsteiggleis ist aber sehr lange belegt.
Zug fährt ein.
Lok kuppelt vorn ab.
Andere Lok fährt hinten dran und kuppelt an.
Bremsprobe wird durchgeführt.
Zug fährt mit neuer Lok aus.
Die abgekuppelt Lok fährt danach aus und wird auf einem Abstellgleis für den nächsten Zug in einer Stunde geparkt.
Ein Gleis kann also nur zweimal pro Stunde verwendet werden.
Durch Wendezüge (Zug hat einen Steuerwagen und kann geschoben werden, bzw. Triebwagen - ICE) kann der Lokwechsel entfallen.
Bremsprobe ist nicht mehr erforderlich.
Um die Zeit zu sparen, die der Lokfährer braucht, um ans andere Ende zu laufen,
springt ein anderer Lokführer auf der anderen Seite auf.
Schon kann der Zug den Bahnhof wieder verlassen. Jetzt kann man das Gleis vielleicht 3-4 Mal pro Stunde nutzen.
Das Zeitfenster für Verspätungen wird immer enger.
So ein Kopfbahnhof hat aber einen entscheidenden Nachteil.
Die Züge müssen auf der selben Seite wieder raus, aus der sie reingekommen sind.
Dabei kreuzen sich die Fahrwege.
Oft kann kein Zug in ein freies Gleis einfahren, während ein anderer Zug aus einem anderen Gleis ausfährt.
Im schlimmsten Fall gibt es eine Fahrstraße quer über den ganzen Bahnhof.
Ein Zug blockiert alle anderen!
Die Verspätung eines Zuges überträgt sich dann auf mehrere andere Züge, die im nächsten Kopfbahnhof für noch mehr Verspätung sorgen.
In Stuttgart wurden in den Zufahrten Überwerfungsbauwerke erschaffen, damit die Züge kreuzungsfrei eingefädelt werden können.
Das geht aber nicht aus alle Richtungen in alle Richtungen.
Anders ist ein Durchgangsbahnhof.
Da fährt ein Zug am Bahnsteig ein, hält kurz und fährt in die selbe Richtung weiter.
Hier kann ein Bahnsteiggleis vielleicht 6-8x die Stunde verwendet werden.
Korrespondierende Linien halten am selben Bahnsteig gegenüber.
Der Fahrgastwechsel ist dann auch entsprechend schnell.
In den zuführenden Tunnelstrecken sind auch Überwerfungsbauwerke integriert, die einen kreuzungsfreien Linientausch ermöglichen.
Damit können 8 Gleise eines Durchgangsbahnhofs locker 16 Gleise eines Kopfbahnhofs ersetzen.
Aber der Verkehr steigt.
Die Zugdichte steigt.
Ich habe das Gefühl, dass Stuttgart 21 inzwischen unterdimensioniert ist.
Es funktioniert nur im optimalen Fall.
Gleise müssen auch mal repariert werden und können zeitweise nicht genutzt werden.
Züge gehen kaputt und bleiben liegen.
Dann passieren noch Dinge, für die die Bahn nichts kann:
- Ärztlicher Notfall
- Selbstmörder an der Bahnsteigkante,
- 32 betagte Rentner mit Elektrofahrad wollen bei einem Halt von einer Minute durch eine Tür in das bereits voll belegte Radfahrerabteil für 16 Fahrräder einsteigen,
- Einer Sprinter blockiert eine Tür, damit seine 145 besoffenen Kumpel vom Fußballfanclub den Zug noch erwischen.
Dafür braucht es Reserven, damit sich eine Verspätung nicht auf alle folgenden Züge überträgt.
Die Reserven waren bei der ersten Idee von Stuttgart 21 sicherlich noch vorhanden.
Die Dauer von Planung und Bau ist leider bei uns sehr lang.
Damit steigt das Risiko, dass bei der Fertigstellung sich die Rahmenbedingungen verändert haben.
In der Anfangszeit der Eisenbahnen war die Lebensdauer eines Bahnhofs viel kürzer.
Die Bahn hat sich so rastant entwickelt. dass nach wenigen Jahren der Bahnhof erweitert oder komplett neu gebaut werden musste.
Ich hoffe, dass der Bau zügig weitergeht und Stuttgart einen schönen Bahnhof für die nächsten 100 Jahre bekommt.
Ich stelle mir vor, dass es ähnlich dem Flughafenbahnf in Frankfurt wird, nur etwas größer und tiefer.
Viele Grüße
Bernd