Nomaden, Großkönige und Reifenpannen - Reise im Iran 1974

Lydian

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Vorspann

Nachdem mein Reisebericht Auf der Achse des Bösen (der sich in der Restaurierung befindet ....) auf erstaunlich große Resonanz gestoßen ist, habe ich die eine oder andere Reise aus unseren Jahren im Iran hier im Forum präsentiert. Unser Umsiedlung in ein vollkommen fremdes Land, das uns zur zweiten Heimat geworden ist, die abenteuerliche Reise in das Nachbarland Afghanistan, die beschwerliche Reise bis nach Kathmandu und zurück. Immer mal wieder habe ich den Vorsatz gefasst, über unsere Reisen innerhalb des Iran zu berichten.

... indem ich von unseren Reisen innerhalb des Iran berichte. Nach Khuzestan, an den Persischen Golf, in die Wüsten Dasht-e Kavir und Dasht-e Lut, nach Isfahan, Kerman, Bandar Abbas etc. Bis dahin sage ich خسته نباشی - oder "khasteh nabashid (möged ihr nicht müde sein)".

Lange hat es gedauert. Zunächst war der Plan, die vielen Reisen, mehrere zweiwöchige sowie etliche Kurztrips, in eine Reportage zu packen. Letztlich scheiterte ich dabei an der Fülle der Eindrücke, der berichtenswerten Ereignisse, der abenteuerlichen Situationen und vor allem der Fotos. Gerade die Fotos waren - bzw. sind noch - mein Hauptproblem. So viele, darunter viele sehr gute. Wirklich fantastische. Wie üblich Farbdias, die mit der Zeiss Ikon Contarex und dem Sonnar 2,0/50 auf Agfa CT18 belichtet wurden und die Perlen unter den Fotos dieser Zeit, die SW-Aufnahmen mit der Rolleiflex T und dem Zeiss Tessar 3,5/75 auf Filmen von meist Agfa, hin und wieder Ilford und Kodak. Mein Problem ist, dass mein Vater insbesondere die Dias auf eine recht eigene Weise sortiert hat, mehr thematisch als chronologisch. Die schiere Fülle der Reisen und der Eindrücke brachte mich zur Erkenntnis, dass ich zumindest über drei größere Fahrten jeweils separat berichte. Ich glaube, es lohnt sich. Dabei halte ich mich an die Chronologie. Den Anfang macht daher die Reise im Frühjahr 1974. Btw, ich war damals 9 Jahre alt.

Nachdem wir im Sommer 1973 im Iran ankamen, machten wir kleinere Ausflüge, manchmal auch ein verlängertes Wochenende in die nahen Berge, ans Kaspische Meer, an den Rand der Wüste Dasht-e Kavir. Dabei kamen wir in guten Kontakt zu Kollegen meines Vaters und dessen Familien. Sie hatten meist schon mehr Erfahrung in diesem Land und bald wurden Ideen für gemeinsame größere Reisen verfolgt. Die erste von ihnen führte uns im Frühjahr 1974 durch die Berge des Zagros-Gebirges bis zum Persischen Golf und über die historisch bedeutsamen Orte Shiraz, Persepolis und Isfahan wieder nach Hause. Wie üblich mit unserem Zeltanhänger.

Wir trafen Nomaden

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besuchten die Residenzen und Gräber der persischen Großkönige

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und hatten viele Probleme mit den Reifen.

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Die Fotos

Viele Jahre lang hat sich niemand in der Familie um die Fotos aus dieser Zeit gekümmert. Die Alben mit den SW-Fotos standen im Regal, die Diakästen in zwei Häusern verstreut, unsortiert, keiner wusste, welche Dias wo sind. Vor ein paar Jahren habe ich alles, was ich fand, bei mir aufbewahrt. Es war viel, aber es war nicht komplett. Ist es immer noch nicht.
Mein Vater nach mehrmaliger Nachfrage: "Nein. Ich habe nichts mehr bei mir!" Und vor einigen Wochen dann: "Ich habe hier noch zwei Diamagazine. Wenn du sie nicht willst kommen sie in den Müll." Die darin enthaltenen Dias, die ich lange vermisst hatte, waren letztlich der Startschuss für diesen Bericht.

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Das Zusammensuchen und Sortieren ist mühsam. Derzeit sind 270 ausgewählte Dias beim professionellen Scan-Service, etwa 100 schicke ich demnächst wieder hin.

Einfacher ist es mit den Negativen. Sie stecken in zwei dicken Ordnern, einigermaßen sortiert. Ein paar, von denen früher großformatige Abzüge an den Wänden unseres Hauses in Tehran hingen, suche ich noch....

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Diese digitalisiere ich selbst mit Nikon D810, Micro-Nikkor 2,8/105, Stativ, Kugelkopf, Leuchtplatte, Lightroom Classic.
 
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Wölkchen
Wölkchen kommentierte
@Lydian .......au weia -das sieht nach Arbeit aus.

Die schiere Fülle der Reisen und der Eindrücke brachte mich zur Erkenntnis, dass ich zumindest über drei größere Fahrten jeweils separat berichte. Ich glaube, es lohnt sich
Ich freue mich darauf. Dass es sich lohnt, davon bin ich überzeugt. (y)
 
Lieber Lydian,

schon jetzt Danke für Deine neue Reportage, ich freue mich schon jetzt darauf. Ich habe alle Deine bisherigen Reportagen wirklich verschlungen. Es sind einfach ganz wertvolle Dokumente, nicht nur natürlich für Dich aus familiären Gründen und für uns als wertvolle Fotodokumente, sondern für mich ist am faszinierendsten, wie sich die von Euch bereisten Gebiete zu jener Zeit gezeigt haben, für mich (Jahrgang 1974) leider Bilder aus einer anderen Welt, da diese Länder, seit ich die Nachrichten verfolgen kann, leider meist durch negative Ereignisse in den Schlagzeilen standen.
Ich freue mich auf mehr,

Michael
 
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Die Ferien

Nowruz (auf deutsch: neuer Tag), oft auch Nouruz oder, dann eher kurdisch, Newroz geschrieben, ist ein traditionelles persisches Fest, mit dem das neue Jahr gefeiert wird. Es gilt als das älteste Fest der Welt, das auf die Frühjahrstagundnachtgleiche fällt. Der Ursprung geht auf die vorislamische zoroastrische Zeit zurück. Im Iran dauern die Nowruz-Feierlichkeiten 13 Tage, während dieser Zeit wird die Verwandtschaft besucht, um sich gegenseitig alles Gute zu wünschen und Süßigkeiten und Blumen zu schenken. Nouruz ist im Iran also immer auch eine Reisezeit. Das Klima ist zu dieser Zeit ideal: nicht heiß und die Natur erwacht. Und wir hatten zwei Wochen Ferien. Nebenbei, das waren die einzigen längeren Ferien im Schuljahr außer den 12 Wochen im Sommer. Herbstferien gab es nicht, Weihnachtsferien waren verkürzt.

In jedem Frühjahr bedeutete das also eine größere Reise. Die erste machten wir mit der Familie eines Kollegen meines Vaters, die sich als ideale Reisegefährten herausstellten. Die Eltern sehr nett, hilfsbereit, und, was sich immer wieder als wichtig herausstellen sollte, eine große Unterstützung bei technischen Problemen mit Auto und Faltwohnwagen. Die zwei Jungs im Alter von uns Kindern waren prima Spielkameraden.

Die Route

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Ich habe hier einfach die Skizze aus dem Fotoalbum abfotografiert. Etwa 3.300 km durch unglaublich abwechslungsreiche Landschaften.​
 
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Das Land

Der Iran war - und ist! - ein fantastisches Reiseland. Kulturelle Schätze aus mehreren Jahrtausenden, prachtvolle, an 1001 Nacht erinnernde Bauwerke, eine sehr vielfältige Bevölkerung aus Persern, Kurden, Azari, Luren, Bakhtiaren, Gilaki, Turkmenen, Balutschen etc. und eine atemberaubende Landschaft in einer Vielfalt, die man kaum glauben mag.

1110px-Iran_topo.jpg

Wie diese aus Wikipedia verlinkte Grafik zeigt, ist der Iran überaus gebirgig. Es gibt ähnlich viele Viertausender wie in den Alpen (39 an der Zahl plus der Demavand mit 5610 m ), zwei große Wüsten, subtropischen Regenwald im Norden, sengend heiße und trockene Küsten im Süden. Wer diese Grafik mit der oben gezeigten Route vergleicht, erkennt, dass wir uns quasi in der westlichen Hälfte dieses Landes, das die 4,5fache Fläche Deutschlands umfasst, bewegten. In Abadan waren wir an der irakisch-iranischen Grenze.
 
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Die Erinnerungen

Bei meinen Versuchen, die Erinnerungen in der Familie zusammenzutragen und abzugleichen konnte ich nicht jede Frage für mich zufriedenstellend klären. Insbesondere wollte ich wissen: Wer kam auf die Idee mit dieser Route? Warum über übelste Schotterpisten, gegen den ausdrücklichen Rat von Einheimischen, nach Bandar-e Bushehr am Persischen Golf? Dass es keine Kaffeefahrt werden sollte, war meinen Eltern sicher bewusst. Denn, wie schon 1976 bei der großen Fahrt nach Indien, blieben meine beiden jüngeren Schwestern, 6 und 8 Jahre, zuhause in Tehran, betreut von der Oma, die uns zu dieser Zeit erstmals besuchte.
Mein Vater meinte nur: "Wir wollten halt an den Golf."

Wie auch immer. Von dieser Reise stammen einige meiner liebsten Erinnerungen. Mit ihr wurde der Grundstein gelegt, dass ich immer wieder gerne an dieses Land und seine Menschen zurückdenke und immer gerne wiederkehre,

Die Reiseutensilien

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VW 412 Variant, optisch dem einige Jahre später erhältlichen VW Passat sehr ähnlich, technisch jedoch ein Kind der 60er Jahre, so in etwa ein VW T2 im anderen Kleid. Luftgekühlter Boxer im Heck, 68 PS. Die lange "Motorhaube" vorne war der Kofferraum.

Faltwohnwagen von Jamet. Den Deckel hochschieben, rechts und links zwei "Flügel" ausklappen, diese mit einem Gestänge abstützen, fertig. In der Mitte gab es zwei Sitzbänke längsseits und eine kleine Küche mit Gaskocher und Spüle. Die konnte man praktischerweise auch draußen verwenden
Schwachpunkt: die Reifen!

Die uns begleitende Familie war, wie viele damals, im VW T2 mit Aufstelldach unterwegs.

Leider gibt es kaum Fotos von unseren Übernachtungsplätzen. Daher hier eines der ganz wenigen, geschossen von meiner Schwester mit der Kodak Instamatic 33.

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So übernachteten wir. Von der Straße abfahren, einen ebenen Platz etwas abseits suchen - wenn möglich mit Bachlauf - Zelt aufstellen, fertig.
 
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Hamadan ist eine der ältesten Städte des Iran, vielleicht die älteste. Als Ekbatana hatte sie als eine der drei Residenzen der Achämeniden-Könige neben Persepolis und Susa eine große Bedeutung. In dieser Stadt befindet sich das Grabmal des großen Ibn Sina, in Europa als Avicenna bekannt. Er war der Lehrmeister von Noah Gordons "Medicus". Angeblich beherbergt die Stadt auch die Gräber der biblischen Figuren Ester und Mordechai. Ester war nach der Bibel die Ehefrau des Perserkönigs Ahasveros, besser bekannt unter seinem griechischen Namen Xerxes.

Wir waren nur kurz in Hamadan. Die wenigen Fotos vom Besuch der Stadt habe ich aus dem Ausschuss gerettet. (PS vom 29.04.: Nach Abschluss des Berichts tauchten noch einige Dias auf, für die ich einen kleinen Anhang erstelle.)

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im Basar

Zu Nouruz werden überall auf den Straßen die Zutaten für den traditionellen Neujahrstisch feilgeboten. Wichtiger Bestandteil des Festes ist der „Haft-Sin“-Tisch, auf dem sieben Dinge versammelt sind, deren Namen mit dem Buchstaben „S“ beginnen. Sie symbolisieren Fruchtbarkeit, Freundschaft oder Glück und damit Gutes für das kommende Jahr. Zum Haft-Sin-Tisch gehören auch die "mahi ghermez", Goldfische.


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Sie symbolisieren das Leben. Traditionell werden sie am letzten Tag der Feierlichkeiten in Bächen und Flüssen ausgesetzt.


 
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Von Hamadan ging es nach Chorramabad, der Hauptstadt der Provinz Luristan. Namensgebend ist das Volk der Luren, eine iranische Ethnie, die in großen Teilen bis weit in das 20. Jahrhundert nomadisch lebte. Ihre Gesellschaftsstrukturen ähneln in vielem den Kurden, so dass sie mit ihnen mitunter in einen Topf geworfen werden. Lurische Frauen genießen, ebenso wie Kurdinnen, seit jeher größere Freiheiten als dies bei benachbarten iranischen und besonders arabischen Völkern der Fall ist. Luristan ist überdies eine landschaftlich großartige Region. Manche sprechen auch vom iranischen Colorado, im Iran selbst wird Luristan "Braut der Natur" genannt. Schroffe Canyons durchziehen das bergige Land, viele Flüsse und Bäche, Wasserfälle sind ebenso zahlreich wie Karstlandschaften und Höhlen.

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Die Straße folgte zeitweise dem Lauf des Flusses Karkheh. Wo die Schluchten zu wild wurden, zweigte sie in die Berge ab um irgendwann wieder auf den Fluss zu treffen. Wettertechnisch hatten wir Pech. Sehr viel Regen, Nebel, kühl, keine Sonne. Und so gibt es auch kaum Fotos. Irgendwann ging es auf der Straße nicht mehr weiter. Stau. Hier? Ja, und ein gaaanz langer! Es stellte sich heraus dass die Straße weiter flussabwärts überschwemmt war. Es dämmerte schon. Da klar war, dass es hier so schnell nicht weitergehen werde, wurde ein Übernachtungsplatz gesucht. Den fanden wir in Sichtweite eines Dorfes in einem Seitental. Ich nehme es vorweg: Die Überschwemmung stellte sich absoluter Glücksfall heraus.

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Suchbild​
 
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2 Kommentare
ZHR
ZHR kommentierte
Rechts unter der Mitte.
 
Lydian
Lydian kommentierte
(y) Eine Nahaufnahme mit der Kinderknipse hatte ich schon in #7 gepostet.
 
Wir hatten jetzt auch Glück mit dem Wetter: Kaum hatten wir das Quartier bezogen, wurde es besser. Am späten Abend, es war schon lange dunkel, saßen wir in unseren Campingstühlen mit einem Tee zusammen. Zwei Kleinbusse kamen. Soldaten stiegen aus. Der Befehlshaber suchte das Gespräch mit uns. Wir könnten hier nicht bleiben. Es sei zu gefährlich. Warum? Es gäbe in diesen Bergen kurdische Banden. Wir sollten in die nächstgelegene Stadt, also zurück nach Chorramabad. Dort seien wir sicher. Aber mein Vater und sein Kollege waren sich einig: wir bleiben. Der Kommandeur war erstaunlicherweise zu einer Diskussion bereit. Am Ende befahl er einem seiner Soldaten, bei uns zu bleiben. Der Auserkorene holte sich einen Stuhl, eine Decke und ein Gewehr aus dem Fahrzeug und bezog seinen Posten. Er wachte die ganze Nacht über uns, wurde am Morgen abgeholt und am Abend wieder gebracht.

Am Morgen bekamen wir weiteren Besuch: Hirten aus dem Dorf kamen mit ihren Ziegen vorbei. Sie waren neugierig, aber recht zurückhaltend und überaus freundlich. Bei dieser Gelegenheit hantierte mein Vater mit der Rolleiflex und es gelang ihm wenigstens ein Schnappschuss mit dem Soldaten (die nicht fotografiert werden dürfen). Sonst hätte uns diese Geschichte vielleicht niemand geglaubt.

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Das Foto ist nicht gut. Gegenlicht, einfach schnell und unbemerkt abgedrückt. Zum Glück ist das Auslösegeräusch der Rolleiflex sehr dezent. Mit der Contarex, deren markantes Auslösegeräusch mir noch heute im Ohr klingt, hätte das so wohl nicht funktioniert.​
 
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Das Wetter war nun gut und wir genossen die atemberaubende Gegend, in die es uns so zufällig verschlagen hatte. Es war eine Karstlandschaft, mit Höhlen, großen und tiefen Löchern, in denen mitunter Wasserfälle plätscherten und einem Bachlauf in der Nähe unseres Lagers.


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Morgentoilette


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Ich verstehe nicht recht, warum unsere Eltern hier nicht mehr Fotos machten. Daher jetzt ein paar von uns Kindern.


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Als wir diese Höhle betraten flog eine große Eule heraus.


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Auch mit dem Fußball vergnügten wir uns.

 
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Die Überschwemmung

Vielleicht kann man es erahnen: Im Hintergrund, wo die Straße neben dem Fluss verläuft, geht nichts mehr.

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Mehrere Tage staute sich hier der Verkehr.


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Rechts meine Mutter, mit Sonnenbrille unsere Reisepartnerin, links irgendwo unter dem Wasser die Straße


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Versuch macht kluch?


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Was macht man hier, außer die Landschaft genießen? Man geht natürlich ins nahgelegene Dorf. Auf Google Maps habe ich Pa Alam wiedergefunden. Es ist jetzt viel größer als vor 50 Jahren.

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Fußballplatz


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Friedhof


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Kay
Kay kommentierte
Saustarke und einmalige Eindrücke - kaum jemand hat diese Erlebnisse. Ich bin gespannt auf jedes Bild!
 
Lydian
Lydian kommentierte
Danke für das Feedback. Dennoch: Es gibt viele, die damals ähnliche Eindrücke von diesem Land gewinnen konnten. Es lebten in den 70ern mehrere tausend Familien aus deutschsprachigen Ländern im Iran. Überwiegend in Tehran und ab 1975 auch in Bushehr, wo Siemens und KWU das Atomkraftwerk bauten. Ich habe das Glück, dass meine Eltern damals nicht nur abenteuerlustig waren, sondern auch viel und gut fotografiert haben. Und uns ist nicht das passiert wie bei manchen Bekannten aus dieser Zeit: Fotos digitalisiert, Negative und Dias entsorgt => Festplattencrash. Ein Bekannter verlor all seine Fotos bei einem Hausbrand.
 
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MOS2000
MOS2000 kommentierte
Ich hänge auch wieder mit dran...freue mich auf jedes Bild!
Wieder wunderschöne und interessante Dokumente dieser Zeiten.
Und unfassbar wie karg die Landschaft dort ist...kann das sein, dass auf bisher keinem einzigen Foto auch nur ein Baum irgendwo zu sehen ist? Und sei er nur 2m hoch?

MOS2000
 
Lydian
Lydian kommentierte
Ja, die Landschaft ist sehr karg. Das liegt auch an der Höhe (die meisten Ansiedlungen im Land liegen auf Höhen von über 1.500 m, viele deutlich darüber) und an den Trockenzeiten im Sommer sowie daran, dass in den sehr schroffen Gebirgen die Niederschläge des Frühjahrs sofort abgeleitet werden. An Flüssen gibt es meist sehr schmale grüne Bänder, ausgedehnte Landwirtschaft ist aber nur in den tieferen Lagen möglich, insbesondere am Kaspischen Meer, wo es sehr fruchtbar ist, sowie in Khuzestan, also im irakisch-iranischen Grenzgebiet. Es gibt viele kleine Oasen, die mit dem uralten Ghanat-System (Foto in #7, die "Maulwurfshügel") bewässert werden. Hier wird unterirdisch (damit möglichst wenig verdunstet) das Schmelzwasser der hohen Berge in Ansiedlungen geleitet. Ohne die Schneefälle im Winter, die bis in den Spätsommer für Wasserfluss in den Ghanaten sorgen, wären sehr viele Orte im Iran undenkbar.
Aber keine Sorge, ein paar Bäume werden noch zu sehen sein :)
 
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Einschub, weil das Thema so interessant ist. Grün ist es nur da, wo unmittelbar Wasser zur Verfügung steht. Dafür muss ein ungeheurer Aufwand getrieben werden.

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Hier wird ein schmaler Streifen Land bewässert.



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Wasser ist das Gold der Wüste. Und Springbrunnen in öffentlichen Anlagen (hier in Isfahan) eine Jahrtausende alte iranische Tradition.



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Auch so kann es mitten in der Wüste aussehen, wenn man das Wassermanagement beherrscht. (Tabas, Dasht-e Kavir)​
 
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Wieder zur Reise von 1974.
Am Abend wurde unser Bewacher wieder gebracht. Welch ein Service ....! Der Kommandeur sagte, dass am nächsten Tag das Hochwasser wohl ausreichend zurückgegangen sei, dass die LKW eine Durchfahrt wagen könnten. Wir liefen anderntags natürlich hin um dem Schauspiel beizuwohnen. Vor dem ersten LKW, der es wagte, lief ein Mann, bis zur Hüfte im Wasser, und versuchte, die Straße zu ertasten. Eigentlich dachte ich, dass wir davon ein Foto hätten. Ich habe es aber nicht gefunden. Alle Fotos von uns Kindern:

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Später versuchte ein wagemutiger PKW-Lenker die Passage. Zum Glück war das Auto mit einem Seil am Heck eines LKW gebunden, denn es trieb recht bald ab und wäre wer weiß wohin verschwunden. Für uns war also klar, dass wir noch weiter warten müssten. Eine dritte Nacht mit persönlicher Bewachung.
 
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Diese Nacht war recht kurz. Mitten in der Nacht plötzlich Motorgeräusche, ein Auto. Der Kommandeur der Soldaten kam. Das Wasser sei jetzt ausreichend zurückgegangen, wir sollten fahren. Also alles auf die Schnelle zusammenwerfen, Zeltanhänger zusammenklappen und los. An der Straße angekommen in eine lange Kolonne einreihen, hoffen, dass der Vordermann nicht von der Straße, die natürlich unter dem Wasser nicht zu sehen war, abkommt. Alles ging gut. Wir fuhren etwa 1,5 Stunden bis nach Dezful, eine mittlere Großstadt in Khuzestan. Ich erinnere mich, dass es dabei stetig bergab ging. Am Rand einer Straße irgendwo in dieser Stadt verbrachten wir die restliche Nacht im Auto. Es war viel wärmer als in den Bergen Luristans.
 
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Wir Kinder waren selten begeistert, wenn wir in einer großen Stadt waren. Aber Einkaufsmöglichkeiten müssen natürlich sein. Nahezu täglich kauften wir frisches Fladenbrot und Obst, meist Melonen und Äpfel. Anderes hatten wir in der Regel von zuhause dabei. Marmelade, Milchpulver, Cornflakes, löslichen Kaffee, Kakaopulver. Dazu Fertiggerichte wie Miracoli, das es damals schon in Tehran zu kaufen gab (für uns Kinder immer ein Festessen), Kartoffelpüree zum anrühren, Gulasch in der Dose (nie mein Fall gewesen). Wasser war kein wirkliches Problem, wir fanden es immer in guter Qualität und haben im Iran auch nie - wie in Indien - die Micropur-Tabletten zum Entkeimen benötigt. Auch der Katadyn-Keramikfilter kam nur in Afghanistan zum Einsatz. Wir hatten immer zwei 25L-Kanister dabei, die natürlich oft gefüllt werden mussten. Aber wir entwickelten uns zu großen Wassersparkünstlern. Manchmal auch zu Hungerkünstlern ...

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Mit Dezful hatten wir Khuseztan erreicht. Die Stadt liegt nur auf ca. 140 m Höhe, es war Ende März schon richtig warm. Ich habe gemischte Gefühle, wenn ich an Khuzestan zurück denke. Natürlich, historisch sehr bedeutsame, teils biblische, Orte. Susa, Tchogga Zanbil, Haft Tape. Fotos folgen. Aber Kinder interessieren sich nicht so sehr für historische Ausgrabungsstätten (außer, sie dürfen selbst buddeln!) und ansonsten ist mir Khuzestan als landschaftlich öde in Erinnerung, "dekoriert" mit Pipelines und vielen Fackeln mit denen überschüssiges Gas verbrannt wird. Die ölreiche Region war Ziel des irakischen Angriffs im Jahr 1980 und wurde im achtjährigen Krieg furchtbar verwüstet.
 
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Susa, etwa 35 km südwestlich von Dezful, ist eine der ältesten durchgehend besiedelten Städte der Welt, die Wissenschaft geht von einer Besiedelung seit etwa 4000 v. Chr. aus. Mit den Ausgrabungen wurde bereits 1850 begonnen, zahlreiche Funde gelangten in den Louvre oder auch in das Berliner Pergamon-Museum. Ich verlinke aus Wikipedia die beiden wohl bekanntesten Exponate aus der achämenidischen Epoche (ca. 540 bis 330 v. Chr.):

Sphinx_Darius_Louvre.jpg


die Sphinx aus dem Palast des Dareios (Dariusch der Große)



759px-Berlin_-_Pergamon_Museum_-_Persian_warriors_-_20150523_6849.jpg


persische Krieger​


Bedingt durch die Masse der Schuttablagerungen, die teils sehr früh erfolgten Ausgrabungen und die damit einhergehenden schlechten Dokumentationen ist es nur schwer möglich, die Stadtentwicklung zu rekonstruieren. Vor allem die ältesten Schichten liegen teilweise bis zu 20 Meter unter dem heutigen Boden und wurden nur an einigen Stellen freigelegt. Es konnten über 25 archäologische Schichten unterschieden werden. Die jüngeren Schichten aus der seleukidischen, parthischen, sassanidischen und islamischen Zeit wurden oftmals einfach ohne gewissenhafte Dokumentation abgeräumt, weil sie für die Forschung von geringerem Interesse waren.


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Wir übernachteten in Sichtweite des Forts, das französische Archäologen als Basis für ihre Arbeiten anlegen ließen. Direkt auf dem Ausgrabungsgelände ....​
 
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Fruchtbarer Halbmond

... ist eine von James H. Breasted 1916 eingeführte Bezeichnung für das Winterregengebiet am nördlichen Rand der Syrischen Wüste, die sich im Norden an die Arabische Halbinsel anschließt. Es gilt als Ursprungsgebiet von Ackerbau und Viehzucht und auch dessen, was wir Zivilisation nennen. Namensgebend war die Ausdehnung des Gebiets in Form einer Mondsichel in einem weiten Bogen, der sich vom Persischen Golf bis zum Norden Ägyptens zieht. Ob jetzt der Anbau von Getreide, das Brauen von Bier, die Erfindung der Schrift(en) – alles geschah hier zum ersten Mal. Wir alle wissen um die historische Bedeutung Babylons, Ägyptens, der Assyrer, Sumerer, Phönizier etc.

1024px-AlterOrient.jpg


Und so ist es nicht verwunderlich, dass es eine bedeutende Ausgrabungsstätte nach der anderen gibt. Mit
Tchogha Zanbil,
Shushtar und
Susa

gibt es in diesem Zipfel Irans in einem kleinen Radius gleich drei UNESCO-Weltkulturerbestätten.
 
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Susa ist kein Ruhmesblatt in der Geschichte der Archäologie, zu sehr ist die Ausgrabungsgeschichte - wie leider oft - mit der des Kolonialismus verbunden. Und so liegen die wertvollsten Funde in Museen der Welt verstreut. In der Ausstellung vor Ort gibt es viele Tongefäße, Schüsseln, Figürchen, Scherben ... ich fand es furchtbar langweilig und erspare euch auch die wenigen Fotos.

Aber, zur Geschichte der Archäologie dieses Ortes haben wir auch kein Ruhmesblatt hinzu gefügt. Ist es heute schon unvorstellbar, auf dem Ausgrabungsgelände zu campen, so ist es noch unglaublicher, dass damals das Graben für jeden erlaubt war. Man wurde vor Ort dazu sogar animiert. Und so haben wir immer noch einen großen Karton mit Scherben aus Susa. Fotos gibt es mal wieder nur von den Kindern in grottiger Qualität.

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ich als Archäologe ...​
 
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