Boris Roessler: „Es gibt definitiv Bilder, die fotografiere ich nicht!“

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AnjaC

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Ich habe gerade ein sehr interessantes Interview mit dem Bildjournalisten Boris Roessler in der F.A.Z. gefunden. Roessler berichtet seit mehr als 20 Jahren für dpa aus Katastrophengebieten. Neben Einblicken in seine Tätigkeit, was er warum fotografiert und was eben auch nicht geht es am Ende des Interviews auch um die eher technischen Aspekte seines Berufs.

 
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Leider hinter der Paywall … :heul:
Deshalb hatte ich den Artikel auch nicht gepostet.

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1 Kommentar
Wuxi
Wuxi kommentierte
Ich denke wenn Du schon früher einmal in die FAZ Paywall gerannt bist setzen die vielleicht ein Cookie.
Probiere mal mit Incognito-Fenster den Link zu öffnen.
 
Versteh ich nicht. Bei mir ist der Artikel frei zugänglich und ich hab kein Abo bei der FAZ.
Ist das bei allen so? Dann nehme ich den Thread wieder raus.
 
Kurt Raabe
Kurt Raabe kommentierte
Moin
über Opera wie bei Sven Paywall
über Microsoft Edge geht es (mit Werbung)
 
Furby
Furby kommentierte
Bei mir auch alles sichtbar
 
Wuxi
Wuxi kommentierte

Frei zugänglich ist es schon, aber mit der seit einiger Zeit üblichen Methode "Geld her oder Spam". Dagegen helfen die bekannten Mittel der Selbstverteidigung.
Die FAZ hat grundsätzlich eine Paywall - also gesperrte Artikel, auch nicht mit Werbung lesbar.
Manche Artikel lassen Sie aber frei lesen.
Ich tippe Sven hat ein Cookie von früheren Fehlversuchen.

Ich habe selber einen FAZ-Zugang weil ich auch die Papierzeitung abonniert habe.
 
Georgie1956
Georgie1956 kommentierte
Mit Werbung gehts (Safari).
 
N
Nicname kommentierte
Mit dem Notebook kann ich den Artkel weiterhin frei aufrufen, während er auf dem Smartphone nun hinter der Bezahlschranke liegt. Wie ist das bei Euch? Welche Erklärung gibt es dafür?
 
Habe gerade das Interview gelesen, stimme aber nicht mit allem überein.

Gerade in einer Demokratie hat die Presse möglichst objektiv und umfassend über ein Ereignis (auch bildlich) zu berichten. Da darf es keine Schere im Kopf geben, keine Vorauswahl, einzig der Souverän soll entscheiden, was er mit den Infos/Bildern macht. Wenn wir dem Souverän nicht zutrauen, dass er verantwortungsvoll mit den Fakten umgehen kann, können wir auch gleich die Demokratie abschaffen.

Natürlich gibt es eine Grenze zwischen Voyeurismus und Information, wo die für den Einzelnen liegt, sollte man aber dem Leser überlassen. Einen ethischen Anspruch kann man privat haben, aber nicht im Pressejob... sonst wird es ganz schnell "nudging".

Ansonsten ein interessantes Interview.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wuxi
Wuxi kommentierte
Die Agentur hat es ja in diesem Beispiel sogar durch Beschnitt noch brutaler gemacht.

 
HaDiDi
HaDiDi kommentierte
nur gecroppt... das ist eigentlich keine "Manipulation",

heute würde das Bild möglicherweise nicht erscheinen, ist das eine gute Entwicklung?
 
Kay
Kay kommentierte

Ja.
So in etwa weiss ich, was Krieg ist. Einen Krieg habe ich aber weder mitgemacht, noch bereist, um das Elend zu dokumentieren.
Dennoch: Einen zerstueckelten Menschen habe ich einst auf Bahngleisen gesehen.
Damals habe ich nicht fotografiert und bin auch gar nicht auf die Idee gekommen.
Die Bilder habe ich trotzdem nach Jahrzehnten noch vor mir. Und meine Betroffenheit in diesen Momenten brauche ich nicht, hatte sie aber und spuehre sie immer noch.
Da kann ich Fotografen, die es immer wieder hinzieht, wo extreme Katastrophen geschehen, nicht begreifen.
Sollen die ihre Preise fuer ein Napalm-Maedchen bekommen.
Waere es mein Foto gewesen, ich haette nie wieder eine Kamera angefasst.
Sollen diese "Berichterstatter" hoffen, dass es bald wieder irgendwo ein Elend gibt und davon profitieren; das gibt ein gutes Honorar.

Wuerden diese Bilder nicht bezahlt werden, wuerde keiner mehr hinfahren.
 
HaDiDi
HaDiDi kommentierte
Kay
Kay, wie viele Jobs würden Leute machen, wenn es dafür keine Bezahlung gäbe... nicht jeder ist auf dem Kronleuchter geboren und ist unabhängig vom Einkommen. Es gäbe auch einige Jobs , die ich nicht machen würde, z.B. Kopfschlächter im Schlachthof, oder medizinische Experimente an Großaffen..
 
Kay
Kay kommentierte

Auch wenn nicht jeder "auf dem Kronleuchter" geboren ist, dann hat trotzdem jeder eine gewisse Auswahlmoeglichkeit.
Der von Dir zitierte "Kopfschlaechter im Schlachthof" war einer meiner Mandanten. Seine "Geschichten" haben mir gereicht.
Fotos brauchte ich keine.
Beim Polizeieinsatz kamen drei Fahrzeuge mit Besatzung + ein RTW (falls einer der Beamten verletzt wurde).
Der Mandant war Rollstuhlfahrer.
 
Na ja, er sagt, er fotografiert keine Leichen. Das hat ja nichts mit demokratischem Anspruch zu tun, sondern ist eine ethische Entscheidung, die meine volle Zustimmung findet...
 
5 Kommentare
HaDiDi
HaDiDi kommentierte
Es geht mir ganz allgemein um die Schere im Kopf - und eine Vorauswahl zu treffen, dem Leser also Information vorenthalten, er sagt z.B: „Ich bin mir dessen bewusst, dass man als Fotograf auch unheimlich viel Schaden anrichten kann mit den Bildern (...), andersrum formuliert: Es gibt definitiv Bilder, die fotografiere ich nicht.“ - das finde ich nicht ok und ist eine Bevormundung des Souveräns. (Auch wenn das heute üblich ist.)
 
Kurt Raabe
Kurt Raabe kommentierte

na ja dann ist es für dich eine Bevormundung wenn z.B. eine Zeitung
nur Übersichtsbilder einer Katastrophe oder eines schweren Unfalls zeigt
und nicht die Bilder der Opfer....
aber dafür gibt es doch Facebook und Co wo die Gaffer mit dem IQ einer Nacktschnecke
ihr Handy überall hinhalten und diese Bilder dann Online stellen.
 
HaDiDi
HaDiDi kommentierte


Vielleicht habe ich mich unglücklich ausgedrückt.

Bei meiner Argumentation habe ich ganz konkret das Napalm Girl von 1972 vor Augen. Durch das Foto ist in den USA die Stimmung gekippt und die US-Soldaten mussten letztendlich als Verlierer aus Vietnam abziehen. Der damalige Fotograf (Nick Ut) hat die Szene intuitiv als sehr aussagekräftig erkannt und fotografiert. Die Folgen hat er nicht weiter kalkuliert. Und so soll es sein.

Wenn heute ein Fotograf mit seiner subjektiven "ethischen Einstellung" an die Sache rangeht und wägt er die Folgen des Fotos ab. Ist er Patriot und will dass die USA gewinnt, dann fotografiert er die Szene eher nicht. Ist er Kriegsgegner sucht er vielleicht bewusst nach Szenen mit denen er die öffentliche Meinung in diese Richtung beeinflussen kann, beides halte ich für keine gute Pressearbeit, weil damit versucht wird, den Leser in eine bestimmte Richtung zu schupsen....
 
Zuletzt bearbeitet:
B
Brunke kommentierte
@HaDiDi Du glaubst tatsächlich, dass Leichenbilder wichtig sind? Ein Reporter vor Ort macht sich einen Eindruck vom Geschehen und ein guter Reporter versucht mit wenigen Bilder diesen Eindruck wiederzugeben. Das ist ein legitimer Selektionsprozess, den auch das Bild aus Vietnam durchlaufen hat. Es ist ausgewählt worden, weil es das Grauen von Napalmangriffen deutlich macht. Der Fotograf hätte vermutlich auch Leichenberge zeigen können.

Als Konsument kann ich mich aus verschiedenen Quellen informieren und versuchen mir so ein Bild zu machen. Welchen Bericht. welches Foto ich als glaubwürdig und vertrauenswürdig einstufe, hängt von eigener Bildung und politischer Haltung ab und ist höchst individuell. Nazis leugnen immer noch Bilder vom Holocaust.
 
VisualPursuit
VisualPursuit kommentierte
Ob sie objektiv wichtig sind, weiss ich nicht. Aber ich weiss, daß sie was verändern. Als vor fast 30 Jahren der Düsseldorfer Flughafen abbrannte, habe ich als einer der wenigen vor Ort mit einer langen Tüte fotografiert wie verbrannte Leichen herausgetragen wurden. In den Wochen danach fand ich in fast allen Aufzügen die ich betrat Schilder "Im Brandfall nicht benutzen". Der Großbrand und die Bilder von mir und meinen Kollegen waren der Anlass dazu.
 
Es geht mir ganz allgemein um die Schere im Kopf - und eine Vorauswahl zu treffen, dem Leser also Information vorenthalten, er sagt z.B: „Ich bin mir dessen bewusst, dass man als Fotograf auch unheimlich viel Schaden anrichten kann mit den Bildern (...), andersrum formuliert: Es gibt definitiv Bilder, die fotografiere ich nicht.“ - das finde ich nicht ok und ist eine Bevormundung des Souveräns. (Auch wenn das heute üblich ist.)
Mit dem geschriebenen Wort kann man auch viel erreichen, man muss nicht immer die Bildergeilheit aller befriedigen.
 
Kommentar
Dass der Vietnamkrieg als Beispiel genannt wird ist eigentlich auch ein Automatismus weil gerade dort die Pressefreiheit so hochgeschworen wurde dass sogar Fotografen von College Zeitungen mit Presseausweis in einen Hubschrauber gesetzt und an Kriegsschauplätze geflogen wurden. Würde man das auf Heute übertragen könnte ich mir gut vorstellen dass da Jungs beim zurückkommen aus der Huey aussteigen und "war das geil" rufen würden. Vielleicht erfordert es mehr Courage einfach mal nicht mitzumachen.
 
Kommentar
die Presse möglichst objektiv und umfassend
Wer ist "Die Presse"? Ist das so jemand wie "Der Staat" oder auch "Die Industrie"?

Journalisten, also einzelne Menschen, gehen in die Welt hinaus und berichten darüber was sie sehen, was sie erleben. Selbst wenn zwei Menschen direkt nebeneinander stehen, werden sie das erlebte unterschiedlich berichten.
Eine umfassende Berichterstattung erhältst Du, wenn viele Journalisten mit den unterschiedlichsten Hintergründen ungehindert berichten können. Nur objektiv wird die Berichterstattung niemals sein.
Wer ist das jetzt schon wieder? Herr oder Frau Souverän sagen der Presse, was sie zu tun und zu lassen hat und das ist dann Demokratie?
Nachrichten sind kein Konsumartikel. Nachrichten sind Ressourcen.
 
Kommentar
Na ja, er sagt, er fotografiert keine Leichen. Das hat ja nichts mit demokratischem Anspruch zu tun, sondern ist eine ethische Entscheidung, die meine volle Zustimmung findet...

Es ist eine kluge Entscheidung von Boris Roessler …

Nick Ut hat damals das sog. Napalm-Mädchen fotografiert
und ich bin mir sicher, daß er diesen Moment nie wieder aus
seinem Kopf bekommen hat.

Heute gibt es psychologische Betreuung für solche traumatischen
Erlebnisse, aber damals hat sich niemand darum gekümmert.

Und wer wie @HaDiDi darüber mault, daß ein Fotograf bestimmte
Bilder – besser: Momente – ihm vorenthält, der sollte sich vielleicht
einmal selbst in solche Situationen und Entscheidungsprozesse
begeben.

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4 Kommentare
HaDiDi
HaDiDi kommentierte
Wenn ich als Kriegs- und Katastrophen-Fotograf solchen Szenen psychisch nicht gewachsen bin, muss ich eben Landschaftsfotograf werden.

Ich habe 1983 den beginnenden Bürgerkrieg in Sri Lanka fotografiert und habe diverse übelste Unfälle, Hausbrände mit abgerissenen Gliedmaßen und verkohlten Leichen in all den Jahren hier in Asien gesehen und auch teilweise fotografiert. Vielleicht bin ich da als Biologe, da hat man häufiger mit dem Tod zu tun, auch etwas robuster, aber auch hier gilt - wer die Hitze nicht verträgt, hat in der Küche nichts zu suchen. Wer sich aber für den Job des Katastrophen-Fotografen entscheidet, sollte auch die Realität in allen Facetten ablichten.
 
Gianni33
Gianni33 kommentierte

Dass auch ein Fotograf, der sich auf Katastrophen spezialisiert hat und damit sein Geld verdient, nicht alles fotografiert und veröffentlicht, was ihm vor die Linse kommt, finde ich sehr achtenswert.
Das ist nicht abwertend mit "Schere im Kopf" zu bezeichnen, sondern zeigt Charakterstärke und Herzensbildung.
 
Zuletzt bearbeitet:
HaDiDi
HaDiDi kommentierte

Hans, denke mal Deinen Kommentar zu Ende, der Fotograf wählt subjektiv nach seinen Wertmaßstäben aus, der Schreiber wählt aus, der Chefredakteur geht dann noch mal mit seinen Wertmaßstäben drüber und beim Leser kommt dann kaum noch die "objektive, möglichst vollständige Realität" an. Wenn man das präferiert und noch weiter kultiviert, dann erfüllt für mich die Presse (als vierte Gewalt) nicht mehr ihre originäre Aufgabe.

Aber mir scheint, ich habe da wohl mittlerweile eine Minderheitenmeinung.
 
T
Tom.S kommentierte
Wer sich aber für den Job des Katastrophen-Fotografen entscheidet, sollte auch die Realität in allen Facetten ablichten.

Ich glaube nicht, dass jeder Fotograf alles ablichten muss. Auch Kriegsberichterstatter, wenn sie gut sind, finden ihre eigene Bildsprache, um das auszudrücken, was ihnen wichtig oder erzählenswert erscheint.

An sich ist das ein Genre, das mich fotografisch nicht so sehr interessiert aber ich war mal in einer Ausstellung über Kriegsfotografen. Und da konnte man die Unterschiede sehr gut sehen. Da gab es sehr "konventionelle" Serien wo eher dokumentarisch festgehalten wurde, was eben so passierte. Ein anderer arbeitete mit Weitwinkel und sehr viel leerer Gegend. Ein weiterer zeigte praktisch gar keine Personen, egal ob lebend oder tot, sondern eher Details und in Symbolen die Entmenschlichung eines Krieges etc. etc.
Ein Foto ist das erste Bild im Kopfkino. Könner starten damit weitere Bilder und Gedanken. Dilettanten bleiben trotz Drastik inhaltsleer.
 
Den Begriff "Schere im Kopf" finde ich unglücklich. Der suggeriert bei mir immer, dass irgendwem Gehirnzellen weggeschnitten werden.

Aber wenn wir ihn mal hernehmen als Umschreibung für eine Art Vorauswahl, die bei den Berichtenden (ob jetzt Bild oder Text) schon vor der Erstellung eines Beitrags stattfindet, dann bin ich der festen Überzeugung, dass das
a) kein neues Phänomen ist und
b) uns alle ohne Ausnahme betrifft, egal ob wir Inhalte produzieren oder ansehen, lesen oder hören (also wahrnehmen).

Denkt doch mal alleine ans Beispiel Fotografieren, das ist uns allen hier doch wohl am vertrautesten. Schon, wenn ich mich irgendwo positioniere, ein Motiv auswähle und das dann mit bestimmten Einstellungen, Abständen, Lichtsetzungen aufnehme, habe ich meine Vorauswahl getroffen. Schon mit der Konzentration auf dieses eine Motiv habe ich alle anderen möglichen Motive um mich herum ausgeblendet. Und das passiert im Bruchteil einer Sekunde. Ich sehe dieses eine Motiv und hundert andere sehe ich nicht, nehme ich auch im Nachhinein womöglich gar nicht mehr wahr. Ich wage zu behaupten, dass diese Auswahl in 99% der Fälle automatisch passiert.
Wenn ich mir dessen bewusst bin und die Zeit habe, eben genau in dem Bewusstsein mich nach der Aufnahme nochmal nach bisher nicht erkannten Motiven umzuschauen, ist das ein Bonus. Und trotzdem werde ich auch hier wieder x Motive nicht erkennen, die der Kollege oder die Kollegin neben mir aber sieht und fotografiert.

Andersherum als Betrachterin eines Bildes oder Fernsehberichts, als Hörerin einer Nachrichtensendung oder Zuschauerin eines Videos nehme ich auch hier zunächst mal nur wahr, was mir nach meiner bisherigen Erfahrung eingängig ist. Das löst sofort etwas bei mir aus, die Bandbreite reicht von Zustimmung über Gleichgültigkeit bis zu empörter Ablehnung oder vielleicht Freude, Schmunzeln, berührt sein bis hin zu Entsetzen. Und dabei habe ich in aller Regel schon wieder was verpasst, was mein Nebenmann oder meine Nebenfrau aber mitgenommen hat. Am besten redet man also hinterher darüber.

Das komplette Abbild einer Situation gibt es ebenso wenig wie die eine Wahrheit. Weder bei demjenigen, der es produziert noch bei derjenigen, die es wahrnimmt.

Und das ist ja auch kein Problem, denn wir beklagen auf der anderen Seite die Nachrichtenflut und Bilderschwemme. Das Angebot ist doch großartig, verschiedene Quellen miteinander vergleichen ist heute keine Schwierigkeit mehr.

Als diejenige, die morgens eine Zeitung aufschlägt, den Newsartikel auf einer Webseite anklickt oder eine Fernsehsendung sieht, bin ich aber heilfroh, wenn ich nicht ohne Vorwarnung mit visuellen Inhalten "beglückt" werde, die so grausam und entsetzlich sind, dass ich sie nicht oder nur schwer ertrage. Bilder von Leichen, zumal Opfern von Katastrophen oder Gewalt, gehören sicherlich für die meisten von uns zu solchen Inhalten. Mal ganz abgesehen davon, dass meiner Meinung nach auch verstorbenen Menschen ebenso wie ihren Angehörigen ihre Würde nicht genommen werden darf.

Wenn Roessler also Mittel und Wege findet, einen Eindruck vom Geschehen so zu vermitteln, dass es diese Bilder dazu nicht braucht, dann ist mir das sehr recht.
 
Kommentar
Daß wir in keiner netten Kuschelwelt leben, lehrt uns die Fotografie seit ihrem Beginn eindringlich und deutlich. Die Gefallenen des US-amerikanischen Bürgerkriegs waren mit die ersten Kriegstoten, die fotografisch dargestellt wurden. Seitdem wurde eine Unmenge menschliches Leid und Sterben fotografiert, teils zur Dokumentation, teils aus Voyeurismus. Meine Bildbände journalistischer Fotografie im Bücherregal zeigen beides, aber in erster Linie nur Dokumentation. Wenn heute bei Unfällen en passant schamlos mit dem Smartphone geknipst wird, ist das blanker Voyeurismus. Daß sich Berufsfotografen von so etwas distanzieren wollen, verstehe ich gut. Andererseits ist es dann wichtig, ein Geschehnis eben anders darzustellen, einfühlsamer, ohne es jedoch zu ästhetisieren. Das ist nämlich die andere Seite der Medaille, die ich ebenso ablehne.
 
Kommentar
Dass ein einzelner Fotograf für sich entscheidet dies oder jenes nicht zu fotografieren, ist mir ziemlich egal. Die Gründe können vielfältig sein und müssen die Qualität nicht mindern. Ein Problem hätte ich wenn es verboten wäre.
 
Kommentar
Bei meiner Argumentation habe ich ganz konkret das Napalm Girl von 1972 vor Augen. Durch das Foto ist in den USA die Stimmung gekippt und die US-Soldaten mussten letztendlich als Verlierer aus Vietnam abziehen. Der damalige Fotograf (Nick Ut) hat die Szene intuitiv als sehr aussagekräftig erkannt und fotografiert. Die Folgen hat er nicht weiter kalkuliert. Und so soll es sein.

Wenn heute ein Fotograf mit seiner subjektiven "ethischen Einstellung" an die Sache rangeht und wägt er die Folgen des Fotos ab. Ist er Patriot und will dass die USA gewinnt, dann fotografiert er die Szene eher nicht. Ist er Kriegsgegner sucht er vielleicht bewusst nach Szenen mit denen er die öffentliche Meinung in diese Richtung beeinflussen kann, beides halte ich für keine gute Pressearbeit, weil damit versucht wird, den Leser in eine bestimmte Richtung zu schupsen....

Ich bin da ziemlich nah bei Dir. Aus meiner Sicht haben 3 Bilder zum Ende des Vietnamkrieges geführt. Das ist das Eine. Das Zweite ist die Hinrichtung eines Vietkongs durch Kopfschuss. Das kennt auch jeder.

Das Dritte ist hier - anders als in den USA - relativ unbekannt. "Das Sterben der kleinen Orchidee" Es zeigt einen US Soldaten mittleren Alters, der im Krankenhaus einem kleinen, sterbenden Mädchen die Hand hält. Hab es bei Google auch nicht gefunden. Wer es sieht - heult...

In erster Linie verändern Bilder und nicht Texte die Welt. Ein anderes Beispiel sind die Bilder von Eugene Smith, der Anfang der 70er in der Bucht von Minamata die Folgen der Verklappung von Quecksilber fotografierte. Sind 1972 / 73 im Stern erschienen. Haben mich nachhaltig beeindruckt. Gerade wurde das Thema - richtig gut - mit Johnny Depp verfilmt.

Weil die Macht der Bilder bekannt ist, werden kritische Kriegsberichterstatter an vorderster Front kaum noch zugelassen. Die Wahrheit ist im Übrigen auch in der westlichen Welt teilweise unerwünscht. Wenn ein Video, in dem gezeigt wird, wie unbewaffnete Menschen als Schweine bezeichnet und mit einer 20 mm Kanone eines Hubschraubers niedergemetzelt werden, dazu führt, dass dies als Landesverrat bewertet wird und nicht zur Bestrafung der Täter führt, dann kann man sich vorstellen, wie unparteiisch auch Journalismus heute ist.

Eine "Auswahl" gibt es demnach fast immer, entweder durch die Politik, direkt durch den Fotografen vor Ort oder anschließend durch die Redaktion, die darüber entscheidet, was sie ihren Lesern / ihrer Klientel zumuten kann und was nicht und genau da liegt das Problem. Wir müssen uns da nichts vormachen, wir lesen das, was wir lesen sollen.

Wie sagte einst die "Misere"? Alles Andere würde die Bevölkerung nur verunsichern..........
 
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2 Kommentare
Kurt Raabe
Kurt Raabe kommentierte
da ist Dir beim zitieren ein kleiner Fehler unterlaufen,
es sieht so aus das der Text von mir wäre ist aber von HaDiDI ;)
 
Frank2111
Frank2111 kommentierte
Entschuldigung, korrigiert!
 
Ich habe einen Diskussionsbeitrag und die dazugehörigen Kommentare gelöscht, da dieser nichts mit dem Thema zu tun hatte.
 
Kommentar
Die Wahrheit die sich mancher mit seinen Bildern auf die Brust schreibt hat immer zwei Gesichter, ein Bild allein, ohne die objektiven Informationen kann lügen.
Leute die wider jeder Vernunft den Nervenkitzel suchen, müssen nicht immer Wissen was sie tun. Sie glauben vielleicht daran das Richtige zu tun. Ob es stimmt sagt uns dann die Geschichte.
 
Kommentar
Ich stelle fest wir haben hier zwei Themen vermischt

a) natürlich (IMHO) kann jeder Fotograf für sich entscheiden welche Aufnahmen er machen will und welche ihm unethisch erscheinen
b) soll die Berichterstattung generell auch unerträgliche Aufnahmen anbieten oder soll es Grenzen geben?

Ich finde (b) schwieriger zu beantworten. Bin geneigt ja zu sagen.
Es gibt aber viele Bedenken:
- Zeigt ein Einzelbild exemplarisch die ganze Lage oder wird etl ein Einzelfall überdramatisiert?
- Die Aufnahme zeigt nur eine Seite, etl ist die andere Seite genauso schlimm
- Bildmanipulation ist gerade heute auf so hohem Niveau dass die Beweiskraft von Foto-Aufnahmen eigentlich leider Null ist
 
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