Rub al-Khali: In die Sanddünen des „Leeren Viertels“

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Nach dem Frühstück sagt Suhail: Geht ruhig schon ein Stück vor – wir packen zusammen und sammeln Euch dann ein. Welche Richtung? Suhail zeigt: diese Richtung. So einfach. Also gehen wir ein Stück. Otl Aicher kommt mir in den Sinn, „Gehen in der Wüste“ (wer das Buch nicht kennt: absolute Empfehlung).

Das Vorwärtskommen ist schwierig – nicht, weil das Gehen anstrengend wäre, aber weil es so viel zu gucken gibt. Die Ebenen zwischen den Dünen sind ganz anders als die Sandberge. Der Sandboden ist mit hellen Steinchen übersät, wir wandern an trockenen Resten von Büschen vorbei, und dann zeigt sich in der Ferne ein dunkles Kamel. Zum Glück trage ich das 70-200 im Rucksack mit mir herum; das 150-600 liegt im Auto (stattdessen hab ich lieber eine Wasserflasche eingepackt). Wie ein Nachen gleitet das Tier über den Sand, was im Wesentlichen daran liegt, dass es in einer Senke läuft, und dann versteht man sofort, was es mit dem Wort „Wüstenschiff“ auf sich hat.

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#35 Das Wüstenschiff in seinem Meer


Suhail kommt uns hinterhergefahren, und wir steigen ein. Weit sind wir nicht gekommen vor lauter Staunen und Genießen … aber das macht nichts.

Wir fahren durch ein Meer mit Wellenbergen aus Sand. Es ist gar nicht so einfach, die Dimensionen zu verdeutlichen. Und es ist auch nicht einfach, Dünengebiete einzuschätzen, wenn nichts darin Schatten wirft. Licht beleuchtet, Schatten definiert – die alte Weisheit der Fotografie kommt auch hier zum Tragen.

Immerhin helfen die unterschiedlichen Farben des Sandes bei der Orientierung. Gestern hatten wir eher hellen, weißlichen Sand; heute fahren wir durch Gebiete mit orangefarbenem bis rotem Sand. Eine einzelne Düne kann wegen unterschiedlicher enthaltener Mineralien mehrere Farben haben; der Sand sortiert sich nach Korngrößen.

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#36 Modernes Wüstenschiff


Mitten im Nichts stehen dann irgendwo ein paar knallgrüne Büsche. Die einzigen Reifenspuren sind unsere eigenen. Es erweist sich als richtig, mit zwei Fahrzeugen unterwegs zu sein: Ein unsichtbares Loch im Sand angelt sich unseren linken Hinterreifen, und natürlich hätten wir uns in mühsamer Arbeit auch freischaufeln können, aber innerhalb von Nullkommanix freigeschleppt zu werden ist die angenehmere Alternative. Als es auf Mittag zugeht, suchen wir uns einen schönen Aussichtsplatz fürs Picknick.

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#37 Mittagspause mitten im "Leeren Viertel"


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#38 Die Farben der Wüste


LG Sandra
 
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Am späten Nachmittag suchen unsere beiden Guides wieder einen schönen Übernachtungsplatz, und wir ziehen los zum Fotografieren. Barfuß – die Sandtemperaturen sind sehr angenehm. Überall gibt es etwas zu sehen und zu fotografieren.

Wir tigern los, jeder in eine andere Richtung. Sicherheitshalber habe ich mir das GPS in die Tasche gesteckt und die Position des Camps genommen. Man weiß ja vorher nie so genau, wie weit man wandert …

Ein paar Bilder entstehen mit dem Handy; es macht sich gut als Immer-dabei-Kamera in der Hosentasche. Empfang hat man hier nirgendwo, also kann man im Flugmodus Akku sparen (und im Zweifelsfall das Handy genauso am Zigarettenanzünder des Autos aufladen wie die Kameraakkus, die allerdings dank der Wärme ganz vorbildlich durchhalten).

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#39 Gehen in der Wüste …

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#40 Ein Dünenkamm mit geschichtetem Sand

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#41 Licht und Schatten

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#42 Die Abendsonne zaubert Muster in den Sand

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#43 Glücklich im großen Sandkasten :winkgrin:

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#44 Je später der Nachmittag, umso schöner das Licht

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#45 Entfernte Zeichen der Zivilisation: die Schotterpiste zum Armeeposten (aber zum Glück WEIT weg und menschenleer)

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#46


Es ist schon dunkel, als ich wieder im Camp ankomme. Allein den Übergang vom Tag zur Nacht mit den Zehen zu erspüren, an der Sandtemperatur, ist ein Erlebnis …

LG Sandra
 
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Am nächsten Morgen erklimmen wir auf Suhails Anraten eine Aussichtsdüne der Extraklasse. Der Aufstieg ist immer beschwerlich, vor allem wenn man sich eine steile Leeseite hinaufarbeitet – dann wirkt jede Düne wie eine Mauer.

Sand ist ein verrückter Untergrund: irgendwie fest und flüssig zugleich. Manchmal macht man einen Schritt, und an einer ganz anderen Stelle löst sich plötzlich eine Mini-Sandlawine – es ist, als kommunizierten die Körnchen über einige Entfernung miteinander.

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#47 Auf dem Weg zur Aussichtsdüne

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#48 Wüsten-Detail

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#49 Mini-Sandlawinen

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#50 Immer noch auf dem Weg zum höchsten Punkt der Aussichtsdüne


Der Ausblick lohnt jede Mühe, auch wenn es heute ein bisschen diesig ist; der Wind wirbelt Sand und Staub auf, und am höchsten Punkt trägt die Düne einen regelrechten Schweif. Bisher waren Wind und Staub kein Thema, aber an diesem Morgen handle ich mir doch einige zusätzliche Sensorflecken ein.

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#51 Fast oben!

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#52 Angekommen – und der Wind ist auch schon da.


Unsere beiden Guides haben inzwischen zusammengepackt und suchen nach einem Durchschlupf im Dünenlabyrinth. Wir können sie von unserer Aussichtswarte sehen, und sie sehen uns auf der Düne. Wir haben ausgemacht, auf der anderen Seite der Düne abzusteigen, wo sie auf uns warten wollen. An mehreren Stellen versuchen sie, auf die andere Seite eines kleinen Dünenfeldes zu gelangen – vergeblich.

Der Wind ist der Baumeister der Wüste. Er trägt Sand an einer Stelle ab und lagert ihn an einer anderen Stelle wieder an. Was für uns wie ein festgefügtes Gebirge aus Sand aussieht, ist in Wirklichkeit eine Art lebender Organismus: Die Dünenwelt verändert sich kontinuierlich. Alte Dünen verschwinden, neue entstehen. Routen, die man vor ein, zwei, fünf Jahren noch fahren konnte, sind heute zugeweht, und an Stellen, an denen sich damals noch ebenes Gelände befand, steht man heute vor Dünenkämmen. Der Orientierungssinn der Beduinen ist faszinierend, ihr Wissen über die Sandwelten unvergleichlich. Nur noch wenige von ihnen leben allerdings das nomadische oder halbnomadische Leben ihrer Vorfahren; viele sind in die Stadt oder an den Stadtrand gezogen, die nächste Generation wächst mit den Segnungen der modernen Zeit auf. Es wäre nicht verwunderlich, aber jammerschade, würde das alte Wissen verschwinden …

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#52 Die Suche nach dem Durchschlupf im Sandlabyrinth

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#53 Die Aussicht vom Dünenkamm


Schließlich ist ein Weg gefunden, und als wir auf der Sonnenseite der Düne hinunterlaufen, erleben wir zum ersten Mal wirklich heißen Sand – nicht uneingeschränkt angenehm, wenn man barfuß unterwegs ist. Da hilft nur Geschwindigkeit beim Hinunterrennen … :D

LG Sandra
 
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Im Rhythmus der Wüste vergehen die Tage. Sind es einer, zwei, drei, zehn? Bald fällt es schwer, die Orte auseinanderzuhalten, die Schlafplätze, die Dünen. Überall, wo wir hinkommen, zeigt die Rub al-Khali ein anderes Gesicht. Immer gibt es etwas Neues zu sehen, zu entdecken, zu bestaunen.

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#56


Manchmal kommen wir auch nicht weiter und müssen umdrehen. Nie treffen wir auf andere Fahrzeuge oder andere Menschen. Die Wüste ist wirklich ein leeres Viertel.

Eines Nachmittags fahren wir – mit viel Schwung – auf halbe Höhe einer riesigen Düne. Dort gibt es, sichtbar nur für denjenigen, der schon einmal dort war, eine kleine Ebene, wie geschaffen für einen Rastplatz und mit genügend Platz für beide Fahrzeuge. Anschließend steigen wir hinauf zum Dünenkamm und sehen zu, wie die untergehende Sonne mit den Farben spielt. Von hier aus wirken die Dünen tatsächlich wie Bergketten.

Ich kriege mich gar nicht mehr ein vor lauter Farben und Formen.

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#57 Auf Schritt und Tritt ergeben sich neue Ausblicke.

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#58

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#59 Die Dünen wirken wie Gebirgsketten.

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#60 Licht und Schatten

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#61 Der Wind richtet die Dünenkämme aus.

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#62

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#63 Manchmal hat man auf den hohen Dünen Handyempfang – heute nicht.


LG Sandra
 
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#64 Mond über den Dünen


Am Morgen wühle ich mich vor Sonnenaufgang zum Kamm hinauf, zumeist in den Stapfen von gestern Abend – man will sich ja nicht zu viel Vordergrund zertrampeln.

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#65 Sonnenaufgang über der Rub al-Khali


Je nachdem, in welche Richtung man schaut und wie das Licht einfällt, nimmt der Sand ganz unterschiedliche Farben an.

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#66 Ein Weilchen nach Sonnenaufgang


Es dauert dann immer seine Zeit, bis ich von meinem Fotografenhügel wieder absteige. Man könnte ja gutes Licht verpassen … Schließlich steht die Sonne schon hoch, als ich wieder bei den anderen ankomme.

An diesem Tag machen wir uns ausnahmsweise um die Mittagszeit daran, eine Düne zu erklimmen. Unter normalen Umständen lässt man das besser – es ist einfach zu heiß. Aber da wir nun mal gerade hier vorbeikommen und unsere Guides den Ausblick loben, läuft erst das Fahrer-Auto-Team zu Höchstleistung auf, und dann steigen wir den Rest zu Fuß dünenan.

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#67 In der Beletage der Wüste

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#68 Der Aufstieg ist mühsam, aber …

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#69 … die Aussicht lohnt jede Mühe.

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#70 Leichtfüßig hinab

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#71 Das Leere Viertel


LG Sandra
 
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Schließlich müssen wir die Wüste wieder verlassen. Unsere Zeit ist um. Die letzte Nacht der Reise verbringen wir im Wadi Dawkah, wo die Weihrauchbäume wachsen.

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#72 Weihrauchbäume im Abendlicht

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#73 Weihrauchharz am Baum


Schneidet man die Rinde des Weihrauchbaumes an, tritt zähflüssiges Harz aus, das sich nach und nach verfestigt. Und es duftet! – Der Schnitt und die Ernte sind eine Wissenschaft für sich; nicht umsonst gibt es Weihrauch ganz unterschiedlicher Güte.

Dhofar, der Südwesten des Oman, liegt nicht nur weit weg vom dichter besiedelten Norden und Nordosten des Landes; er ist auch geschichtlich, sozial und kulturell anders geprägt. Wüstengebiete isolieren die Gegend vom omanischen Kernland, und schon immer war der Einfluss des Jemen und von Ostafrika hier deutlich stärker. Geschichtliche Bedeutung hatte Dhofar vor allem als Herkunftsort des Weihrauchs, der für den Tempeldienst in der Antike sehr begehrt war und über die Weihrauchstraße ans Mittelmeer gebracht wurde. Das Reich Hadramaut im heutigen Jemen kontrollierte den Handel.

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#74 Weihrauchbaum bei Sonnenuntergang …

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#75 … und kurz danach


Am nächsten Morgen treten wir, noch leicht benommen vom Wüstenabenteuer, die Heimreise an. Aber wer einmal in der Wüste war, der trägt die Wüste in sich – und wird immer wieder zurückkehren. Und: Jeder braucht ab und an ein bisschen Wüste :winkgrin:

LG Sandra
 
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